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Ein Engländer in Argentinien verschafft uns Zutritt

Seit Söckchens Unfall gehört neben dem Putzen der Pferde nun auch die Kontrolle der Verletzung zu meinen morgendlichen Aufgaben. Ich bin jedes Mal erleichtert, wenn sich die „Beule“ als kleiner geworden beurteilen lässt. Aber eigentlich hat sie ein Eigenleben: Mal ist sie dicker, mal fast verschwunden und ich kann einen Zusammenhang zur Temperatur oder Belastung ausmachen. Einmal ist sie nach kalten, feuchten Nächten gar nicht mehr zu ertasten, an anderen Tagen bei gleichen Bedingungen ist sie wieder fühlbar. Einen offensichtlichen Einfluss hat sie nicht. Beim Laufen hat Söckchen keinerlei Probleme. Gott und "Doctor Campo" sei Dank. Die fruchtbare Trasse endet für uns, als wir vor einem Zaun stehen. Das Schlaraffenland verzweigt sich nach rechts und links – leider nicht unsere Richtung. Dem Zaun fehlt an dieser Stelle eine Tranquera, hat aber unweit von uns Elemente zum Spannen an jedem der sieben Drähte. Erstmalig kommt der „Engländer“ , ein Größen verstellbares Tool zum Öffnen von Muttern, zum Einsatz. Roland ist begeistert und verschafft uns in kurzer Zeit Zutritt zur anderen Seite des Zauns. Eben so schnell ist der Durchlass wieder geschlossen und wir ziehen weiter zum nächsten potentiellen Übernachtungsplatz. Es wird trockener. Trockenes, hartes Steppengras. Selbst die Mallines, die feuchten Schwämme der Estepa, sind ausgetrocknet. Wir verlassen die Piste und reiten querfeldein auf eine Baumgruppe zu. Was für ein Wunder: Ein fruchtbares Fleckchen mit Gras und Klee erwartet uns. Das reicht für diese Nacht. Weil wir uns illegal Zugritt verschafft haben, wollen wir nicht entdeckt werden und riskieren, von dieser Stelle vertrieben zu werden. Daher warte ich mit dem Zeltaufbau bis zum Einbruch der Dunkelheit. Auch ein Feuer könnte uns verraten, weshalb ich das Teewasser mit dem Kocher bereite. Plötzlich höre ich Rufe und sehe im Gegenlicht der untergehenden Sonne die Silhouette eines Reiters. Erschrocken sause ich hin und erkläre dem Gaucho den Elektrozaun und unser Hiersein.  Er hat mit unseren Hiersein überhaupt keine Probleme.  Er interessiert sich für unsere Sättel und untersucht sie ausgiebig. Schließlich lädt er uns für die kommenden Tage in sein Puesto ein.

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