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Regen als Entscheidungshelfer, Anschlag auf Weihnachten und eine Lektion über das Leben

Der Himmel sieht nach Regen aus, obwohl das hier nichts zu sagen hat. Eine halbe Stunde später kann der Wind alles weggeblasen haben und die Sonne lässt mich schwitzen. Doch auch unsere Gönnerin von der Despensa meinte, dass ausgiebiger Regen angesagt ist. Roland erinnert sich an Hugo, Vivi und deren Estancia Nahe El Hoyo. Dort ist er auf seinem Ritt 2012 untergekrochen und hat einige Tage starken Regen im Trockenen überbrückt. Wir sind heute kaum vorangekommen und wollen eigentlich noch ein Stück weiter reiten. Wir wägen ab: Eine trockene Bleibe mit guten Futter gegen den Drang endlich diese Ruta 40 hinter uns zu bringen. Wir einigen uns, auf jeden Fall "Guten Tag" bei den beiden zu sagen. Wie erwartet, steht das Gras auf Hugos Koppeln bis zum Bauch der Pferde. Roland läuft zum Haus und ich warte am Galpon, der Scheune. In diesen Zeit beginnen dicke Tropfen vom Himmel zu fallen. Die noch wankende Entscheidung Bleiben oder weiter ziehen wird durch den einsetzenden Regen schnell getroffen. Wir satteln ab, übergeben unsere drei der fetten Weide und marschieren zum Haus. Essend, trinkend, duschend und erzählend verbringen wir den ganzen Tag mit Vivi, Hugos Frau und ihm im Haus. Nur unter Vivis heftigem Protest verlassen wir zum Schlafen das Haus und beziehen den Galpon. Obwohl er trocken ist, bereuen wir diese Entscheidung. Die Nacht ist kalt und stürmisch. „Und heute schlaft ihr im Bett!“ empfängt uns Vivi am nächsten Morgen zum Frühstück. Nein, wir protestieren nicht. Hugo fährt mit uns ins Pueblo El Bolson. Meine Isomate ist defekt. Der Schaum im Inneren hat den Zusammenhalt verloren und bildet im Fußbereich eine dicke Blase. Ich schlafe schon einige Zeit so, doch die defekte Stelle wird größer und das Liegen unbequemer. Mit neuer, selbst aufblasender, knalloranger Isomatte für 50 Euro fahren wir zurück. Allerdings hat sie nur die halbe Höhe: 2,5 cm. Heute Nacht werde ich den Komfort meiner alten Matte nicht vermissen – wir kuscheln uns am Abend ins Bett. Tagsüber habe ich das Internet genutzt und Mails gecheckt. Die furchtbare Nachricht vom Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt erreicht mich. Ein Anschlag auf Weihnachten, auf christliche Werte, auf die Liebe, Familie und Frieden. Unfassbar. Eine tiefe Trauer erfasst mich. Nein, ich möchte jetzt auch keine Diskussion über die deutsche Flüchtlingspolitik und unkontrollierten Einlass ins Land...ich möchte einfach nur traurig sein. Dieses Gefühl erfasst mich nun völlig und ich kann gar nicht mehr aufhören zu weinen. Alle sind erschrocken. Nein, nein, der Familie ist nichts passiert, beruhige ich. Aber dem Weihnachten ist etwas passiert. Weihnachten ist Frieden, ist Familie...oh wie ihr mir gerade fehlt. Irgendwann rollt die letzte Träne über die Wange und ich versuche der noch immer erschrockenen Vivi auf spanisch zu erklären, was mit mir los ist. "Navidad sin familia" und im selben Moment bin ich glücklich, dass zu Hause alle gemeinsam die Feiertage verbringen. Navidad con guerra – der Terror darf kein Alltag werden. Es folgt ein langes Gespräch. Eine lange Lektion über das Leben. Auf eine kurze Formel gebracht legt mir Vivi ans Herz: Leben ist heute. Gestern ist vergangen und das Morgen kennst du nicht. Jeder weiß das, doch in diesem Moment dringt es tief in mein Herz hinein.

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