Wie ich das Wilde in mir nähre
Gestern Abend, mitten im facebook-live meiner Mentorin Ulrike Dietmann musste ich aufstehen, meinen Rucksack packen und in den Wald laufen. Ulrike sprach gerade von der authentischen Energie. Diese Kraft ist sehr, sehr stark und nichts hält sie auf, wenn sie einmal befreit ist.
Diese Kraft lockt mich seit Tagen in den Wald, um dort die Nacht zu verbringen. Ich weiß nicht warum. Das ist auch gar nicht wichtig. Wichtig ist, dem authentischen Verlangen nachzugeben. Weil dort etwas wartet. Eine Lehre, eine Aufgabe, eine Erkenntnis ...
Vorgestern habe ich geträumt, dass ich schlafend im Wald vom einem Wolf geweckt werde. Wir schauten uns lange, ganz still in die Augen und er verschwand. Es war magisch. Das wilde Wesen in mir will nach Hause.
Gesten Abend dann musste ich meinem Traum und dem Ruf in den Wald folgen. Meine Trommel Luzi und Salbei waren meine Begleiter. Bevor ich in die Heiligen Hallen eintrat, entzündete ich das Salbeibündel kurz. Mit dem duftenden Rauch reinigte ich mich, dankte Vater Himmel und Mutter Erde und bat die Wesen der vier Himmelsrichtungen um Schutz und Begleitung.
Meinen Schlafplatz wähle ich zwischen zwei alten Eichen in einer Mulde. Hier fühle ich mich geborgen. Es ist warm. Ich liege auf meinem Schlafsack und bedecke mich nur mit meinem Poncho. Zum Schutz vor den Mücken, die mir signalisieren, dass sie mich schon entdeckt haben. Meine Blicke gleiten durch das Walddach in den Nachthimmel. Sterne.
Ganz langsam komme ich zur Ruhe. Mit meinen Ohren erkunde ich die Umgebung. Im Minutentakt fallen Eicheln zu Boden. Es ist Spätsommer. Die Früchte sind reif und der Samen wird Mutter Erde übergeben. Wie viele der Eicheln werden zu einem winzigen Sämlig keimen und wie viele ihrer Kinder werden zu einem starken Baum heranwachsen? Ich denke an meine Projekte, die ich beginne, in die Welt zu tragen... Werden sie keimen, Halt finden, wachsen?
Ein Knacken reißt mich aus den Gedanken. Was war das? Ich richte meinen Oberkörper auf um über den Rand meiner Schlafkuhle hinaus zu blicken. Es ist finster. Außer den Umrissen der Bäume erkenne ich nichts. Ich lege mich wieder nieder und übergebe meinen Ohren die Wachsameit. Stille. Aus dem Wald kommt Stille und das Fallen der Eicheln.
Ich denke an die Nächte in den Anden zurück. Was für ein Luxus: Stille und Dunkelheit.
Ein Schrei reißt mich aus dem Schlaf. Direkt über mir ruft ein Bussard und verrät mich... Ich verfolge die Schreie eine Weile. Und kuschel mich in den Schlafsack und bin sehr zufrieden. Geborgen. Zu Hause.
Es ist lange hell, als ich aufwache. Mein Traum-Wolf ist mir nicht begegnet. Doch das Wilde in mir konnte ich heute Nacht nähren. Danke. Mitakuje ojassin.
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