Das Tor bleibt verschlossen - Umkehr nach El Hoyo
Auch wenn es nicht sehr wahrscheinlich erscheint, dass wir am südlichen Ufer des Lago Epuyen die Estancia Trueno durchqueren dürfen, machen wir uns auf den Weg. Wir folgen dem kleinen Pfad am westlichen Seeufer. Unser Ziel heißt vorerst Raul. Manchmal kommt der Zufall zu Hilfe und irgendetwas ergibt sich, wenn man sich auf den Weg macht. Diese Lektion habe ich unterwegs gelernt: Wenn du dich dem Leben anvertraust, ist meist für dich gesorgt. Enttäuscht stellen wir fest, dass am Puesto keiner da ist. Wir öffnen das unverschlossenen Tor und treten ein. Es hängt Wäsche auf der Leine, es wird jemand kommen schlußfolgern wir. Wieder mit viel Hoffnung machen Rast und Mittagspause und warten. Nur kurze Zeit später tauchen zwei bellende Hunde auf, die sich an unserer Anwesenheit nicht stören, saufen und sich an offensichtlich gewohnten Plätzen zur Ruhe niederlegen. Wenig später folgt der Gaucho. Seine finsterer Mine verrät, dass er über unser Eindringen nicht erfreut ist. Roland erklärt wer wir sind und warum wir auf ihn gewartet haben. Das von den verkohlten Bäumen im Wald schwarz verschmierte Gesicht von Raul hellt sich auf. Tamisietta, unsere Bekannte aus El Hoyo, hat uns schon angekündigt ... Leider kann er uns nur bestätigen, dass die Tore zur Est. Trueno verschlossen sind. Den Weg am Ufer entlang kenne er, er wäre gut zu reiten. Er stellt sich an eine bestimmte Stelle am Seeufer und ruft den Verwalter der Estancia an. Ohne Erfolg. Er würde uns gern einen Kontakt herstellen, aber es soll wohl nicht sein. Enttäuscht reiten wir dieselbe Strecke bis Porto Patriada zurück. Ich kann den Blick auf den Lago gar nicht richtig genießen. Wo werden wir unsere Pferde heute Nacht satt bekommen, hämmert es in meinem Kopf... Porto Patriada haben wir abgegerast... Auf dem Campingplatz "El Bosque" versucht ein sehr netter, junger Mann am Kiosko uns weiterzuhelfen: Er nimmt mit der Estancia Trueno Funkkontakt auf. Nach einem kurzen Hin und Her berichtet er uns, dass der Entscheider mit Schlüsselgewalt zur Zeit nicht auf der Estancia ist und über Handy nicht zu erreichen wäre ...Schade! Noch immer war die Hoffnung nicht ganz gestorben, doch noch am Südufer des Sees anstatt der Ruta entlang reiten zu können. Auf Grund der Futtersituation verlassen wir den Lago. Wir sind beide gereizt: Die Aussicht, weitere 2 Stunden bis nach El Hojo der Ruta zu folgen, stimmt keinen um. Bevor Roland mit Jefe und Trueno so richtig "Gas gibt", ruft er mit zu: "An der nächsten Möglichkeit übernachten wir." Ich muss mein faules Söckchen ordentlich treiben, um den Anschluss zu halten. Nach einer Stunde tut sich eine herrliche Wiese am Waldrand auf. Ein kleines Idyll innerhalb einer Mapuche -Communidad. Ich atme erleichtert auf. Doch was ist das? Roland reitet vorbei! Ich rufe. Er ist außer Rufweite oder will mich nicht hören. Nun gut, weiter. Bald sehe ich die ersten Häuser von El Hoyo, auch die Jurte der Schweizer Auswanderer. Auch daran reiten wir vorbei. Wir waren uns einig, das wir das wenige Gras, das deren Pferde dort haben, nicht wegfressen wollen. An einer kleinen Despensa sticht uns fettes, nicht gemähtes Gras ins Auge. Müde und hungrig beschließen wir, hier zu bleiben, wenn wir dürfen. Die Betreiberin des Lädchens ist gleichzeitig Besitzerin der fetten Wiese. Zuerst skeptisch über unser Aussehen, doch dann sehr hilfsbereit, gibt sie die Wiese frei. Ich nenne sie Minzkoppel, überall wächst Pfefferminze und bei jedem Schritt verströhmt ihr Duft. An diesem Abend sind wieder alle zufrieden: Gutes Futter für unsere drei, Pfefferminztee und Bier für uns und eine Kioskbesitzerin, die glücklich ist, uns helfen zu können und deren Enkel, sich mit den komisch redenden Ausländern unterhalten haben.
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