top of page
Ar18_4568_So4873.JPG

Eine Adventsgeschichte vom Reichsein

Gestern bin ich über den Weihnachtsmarkt geschlendert. Irgendwie gehört das für mich zur Vorweihnachtszeit. Ich liebe die riesige Pyramide, mit den Holzfiguren, die zuverlässig ihre Runden drehen. Eine Tradition, die im Erzgebirge geboren wurde. Die Menschen übten sich in den langen, dunklen Wintertagen im Schnitzen, fertigten und bestückten die sich drehenden Etagen mit christlichen und bergmännischen Motiven.

Rituale. Sie geben Halt und Sicherheit. Sie erinnern, dass etwas ist, wie es schon immer war. Auch jetzt in dieser Zeit, in der sich so viel verändert. Sie erinnert, dass nach dem Dunkel wieder Licht kommt, nach der Kälte kommt Wärme und nach dem Tief ein Hoch.

Ich beobachte Menschen, die Punsch und Glühwein trinkend plaudern und Langosh, Bratwurst oder Süßes naschen. Ich höre quengelnde Kinder, blökende Männer, schnatternde Frauen. Eine bunte Mischung. Lebensfreude? In vielen Gesichtern vermisse ich die Freude, die diese Lichterwelt zaubern könnte. Ich schaue in nachdenkliche Augen, ernste Wortfetzten fliegen mir um die Ohren.

Ich entschließe mich, mich nicht entzaubern zu lassen

und schlendere weiter. An einem Stand bleiben meine Augen hängen und tragen mich in meine Kindheit.

In jedem Jahr pünktlich vor dem ersten Advent wurde in dem Raum des Gemeindehauses gegenüber der Kirche, wo wir Kinder in Christenlehre unterrichtet wurden, ein Stern aufgehängt. Der rot-gelbe Stern war beleuchtet und immer, wenn wir in das Zimmer betraten, wurde mit viel Achtsamkeit der Schalter betätigt. Ein ganz warmes Licht tauchte den Raum in eine besondere Atmosphäre und machte die Weihnachtsgeschichte fühlbar. Meine ganze Kindheit und frühe Jugend lang begleitete mich dieses Ritual. Unter dem Stern stand ein Stuhl mit einer roten, bestickten Weihnachtsdecke. Darauf stand ein Körbchen. Ein Zettel hing darüber: „Plätzchen für die Kinder im Kinderheim Greiz-Gommla.“ Für mich war es damals eine ferne Vorstellung, die mein Kinderherz berührte: Kinder, die kein Zuhause hatten. Nicht nur Weihnachten. Jede Woche machte meine Mutti ein Tütchen mit Weihnachtsplätzchen zurecht, das ich behutsam zu den anderen in das Körbchen legen durfte. Ein Ritual. Mehr noch: es wurde ein Geschenk für mich selbst. Damals wurde das Gefühl in mein Herz gepflanzt, wie es ist, zu geben. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar.

Später, als ich meine erste eigene Wohnung hatte, kaufte ich mir genau diesen Stern. Rot mit gelb auslaufenden Zacken. Er gehört bei uns zur Advents- und Weihnachtszeit. Das warme Licht meiner Kindheitserinnerungen taucht unserer Stube eine besondere Atmosphäre in der dunklen Zeit des Jahres. Und das Gefühl, wie reich und glücklich es macht, geben zu können.

Mein Stern ist mittlerweile über dreißig Jahre alt. Er ist schon ziemlich ramponiert und ich baue ihn nicht mehr auseinander, um ihn zu schonen. Die Gefühle, die ich damit verbinde sind immer wieder intensiv und tief verankert.

Ich stehe vor dem Stand auf dem Weihnachtsmarkt, Schneeflocken tanzen und mir kommt eine Idee. Ich werde diese Tradition und diese Geschichte verschenken. Weil es mich glücklich macht. Und reich.


Welche Rituale zelebrierst du in der dunklen Zeit?


Ich wünsche dir einen schönen 3. Advent, wildes Herz

Bleib mutig, bleib du selbst,

deine Solveig


Am am kürzesten Tag der Jahres, der Wintersonnenwende am 21. Dezember lade ich dich zu einem Waldbaden mit Sonnenwendritual ein, hier in den Tharandter Wald und den Garten des altes Forsthauses.


Infos und Buchung: https://py.pl/l4Kzh

Ein Herrnhuter Stern hängt im Fenster und leuchtet
Herrnhuter Stern


bottom of page