Ein Telefonat in der letzten Woche hat mich berührt, beschäftigt, nicht losgelassen. Ich habe geträumt von ihm und bin sehr verletzt aufgewacht, mitten in der Nacht.
Diese Begegnung hat meine Energie aufgefressen und mich unruhig gemacht. In meinem Bauch hat es rumort, als hätte ich zu viel Sahnetorte gegessen oder ein faules Ei.
Wo ist das der Unterschied? Beides ist unangenehm.
Diesmal habe ich das Gefühl nicht weggeschickt. Ich habe nicht gewartet, bis der Alltag es überlagert. Ich habe es nicht im Regal in der Kiste mit der Aufschrift „Unvollendete Lieben“ verschwinden lassen, wo schon andere liegen.
Ich habe es genommen und ihm gesagt: „Warte bitte, morgen will ich mit dir reden, dich genauer kennenlernen und erfahren, warum du zu mir gekommen bist.“
Dann konnte ich ruhig einschlafen. Ich wusste, es wartet.
Tags drauf, einem herrlich sonnigen Herbsttag, habe ich mich auf die Pferdekoppel gesetzt.
Ich wollte nichts von den Pferden. Nur ihre Gesellschaft und ihre authentische Energie. Davon wollte ich mich tragen lassen zu meinem Gefühl aus zu viel Sahnetorte und faulem Ei.
Ich setzte mich ins Gras und musste nicht lange warten.
Zwei Pferde kamen zu mir und die Tränen. Sie brachten das Gefühl mit. Es nahm Platz mir gegenüber und schaut mir direkt in die Augen. Ich war geblendet von dem hellen Licht.
Es kam nicht von der Sonne. Das Gefühl war helles Licht. Strahlend.
„Warum strahlt, was mich so traurig macht?“
„Ich bin ein Teil in dir, der immer dann leuchtet, wenn du dich verliebst.“
„Verliebtsein kenne ich. Aber das hat mich noch nie traurig gemacht.“
„Ich bin mehr als Verliebtsein. Ich bin der Anfang.“
„Anfang von was?“
„Von der Liebe. Der kleine Funke wächst, wenn du ganz du selbst bist. Wenn du bei dir
bist und nicht versuchst, anderen zu gefallen.“
„Das verstehe ich. Verliebtsein beflügelt. Man schwebt man über dem Boden. Und die ganze Welt ist plötzliche voller Glück und Leichtigkeit. Und alles, wirklich alles scheint möglich.“
„Du sagst es. Doch der Funke hört auf zu wachsen, wenn du dich von dir entfernst und
dich anpasst, wenn du faule Kompromisse eingehst und deinen heiligen, inneren Raum
einrennen lässt.“
„Das kenne ich auch gut. Ich fühle die Angst vorm Verlassenwerden, wenn ich mich nicht anpasse und stattdessen meinen Weg gehe. Das ist mir schon so oft passiert. Und dann erlischt der Funke, stimmts?“
„Der Funken in dir ist unzerstörbar. Er ist immer da. Manchmal, wenn du dich zu weit von
dir entfernt hast, flackert er nur noch schwach. Aber er ist immer da. Er erinnert dich an
die Liebe. Daran, dass dein unzerstörbarer Kern aus Liebe besteht. Und Liebe ist Licht und
unzerstörbar.“
„Auch, wenn ich sterbe?“
„Dann bringt der Funken dich nach Hause.“
„Nach Hause. Das klingt vertraut. Und warum bin traurig, wenn ich an die Liebe erinnert
werde? Warum tut das weh?“
„Es erinnert dich an das Loslassen. Sieh, die Liebe ist frei. Sie haftet an nichts, nicht an
Menschen, nicht an Tieren. Sie lebt in dir und kann nur atmen und wachsen, wenn sie frei
bleibt. Wenn du versuchst, sie zu verkörpern, zieht sie sich zurück in den kleinen Funken,
der in dir weiterlebt. Und immer, wenn irgendwo Liebe schwingt, beginnt der Samen in
dir mit zu schwingen. Und stößt er an Grenzen, tut es weh.“
„Das klingt so einfach. Dann lass ich die Liebe frei. Und der Schmerz verschwindet?“
„So ist es. Nicht nur das. Der Lichtfunken Liebe in dir wächst und wächst und leuchtet
deinen ganzen Körper aus. Er wächst weiter und erhellt deinen heiligen, inneren Raum
und leuchtet schließlich darüber hinaus. Dann wird er sichtbar für Menschen, die dich
sehen. Sie fühlen sich davon angezogen.“
„Dann bin ich froh, dass der Schmerz mich an meinen Lichtfunken erinnert hat und an die Liebe, die frei sein will.“
Die Sonne war inzwischen untergegangen. Es war trotzdem hell, denn mein Lichtfunken wurde nicht von Grenzen behindert und konnte strahlen.
In diesem Licht können mich Menschen sehen, die mich lieben, so wie ich bin.
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