Quer durch die Steppe zu Daniel
Am nächsten Nachmittag sitzen wir ViaBariloche-Reisebus. 22 Stunden Fahrt für 1500
Kilometer quer durchs Land liegen vor uns. Die Fahrt aus der Hauptstad dauert ewig, vorbei an den Fawelas, den Armenvierteln, Unterkünften aus Pappkartons und Decken, Trödelmärkten, Palmen, Villen und Wolkenkratzrn bis sich endlich die urbane Zone in fruchtbares grünes Land der Pampa verwandelt. Mir schwirren die Neuigkeiten unserer Gastgeber durch den Kopf. Das Land hat sich sehr verändert nach der letzten Wahl und dem Regierungswechsel. Das Preisniveau der Lebenshaltungskosten läuft den Einkommen davon. Ein Durchschnittsverdienst liegt bei 6000 Peso, ungefähr 350 Euro. Energiepreise haben sich fast verdoppelt, auch die Preise für Lebensmittel. Unser geliebter Vino torro hat den dreifachen Preis. Wir decken uns im Supermarkt für die Reise mit Lebensmitteln ein und zahlen mehr als in Deutschland für Vergleichbares. Wir fragen einige Menschen, wie die Lage im Land ist. Die Armut wächst, ist die einhellige Antwort.
Wir verbringen eine unbequeme Nacht auf den ausgefahrenen Reisebussitzen und sind froh als es dämmert und wieder Landschaft an den Scheiben vorbeifliegt. Monte-Strauchsteppe, soweit das Auge reicht: Hartes trockenes Steppengras, Dornen- und blattlose Rutensträucher Als der Bus eine längere Zeit stoppt, dürfen die Fahrgäste, wir sind die einzigen Touristen, aussteigen. Die Bewegung tut gut. Aus dem Terminal duftet es nach Kaffee... 20 Minuten hat uns der Fahrer Zeit gegeben. Nach 15 Minuten mit einem Kaffebecher in der Hand,treten wir nach draußen und … unser Bus ist verschwunden. „Wir haben ein Problem“, Worte, die von Roland äußerst selten zu hören sind. Er schaut aufgeregt umher. Warum ich so ruhig bleibe, verstehe ich auch nicht. Ich bin wohl schon etwas „argentinisiert“. Ein älterer Herr antwortet, dass der Bus bloß tanken ist und bald wiederkommt. Im selben Moment höre ich: „Wo wollt ihr denn hin?“, und schon sind wir mit Ute mit im Gespräch. Wir erfahren in den wenigen Minuten, bis der Bus einrollt, einen kurzen Abriss aus dem Leben der deutschen Auswanderin ... spannend. In Argentinien gibt es ein weites Netz von deutschsprachigen Abenteurern, viele stehen miteinander in Kontakt. Wir düsen weiter über die Ruta 246 halten, um die Passagiere eines liegen gebliebenen Busses aufzunehmen und kommen mit 30 minütiger Verspätung in San Carlos de Bariloche an. Am Busbahnhof wartet Daniel auf uns. Noch ein Abenteurer aus Deutschland. In den letzten Monaten ritt er mit seinen beiden Pferden 3000 Kilometer von Salta im Norden nach Esquel im Süden. In der Schweizer Kavallo ist eine Artikelserie begleitend zur Reise erschienen. Wir sind neugierig auf seine Berichte, Tipps und Kontakte. Gemeinsam fahren wir mit dem Taxi zu unserer Freundin Lidia, die eine kleine Pension in Bariloche betreibt. Es wird ein langer Abend mit langen Gesprächen und viel Wein.
Comments